Mal Was Neues Machen

It is 5 am, sagt der Radiomann, it is 5 am in Berlin und die Sonne ist einmal ans andere Ende der Welt und wieder zu uns zurückgekommen. It is 5 am in Berlin und die Sonne ist wieder da, Kinder. Mal was neues machen, sage ich, als ich die Kaffeebohnen in die Mühle kippe und sie flüstern ihr letztes Gebet. Mal was Neues, irgendwie, sage ich, und dann dzzzzzzzzzzt. Tausendmal gerührt. Mal was Neues, sage ich mir, und dann Wasser rein, Pulver drauf und das blaue Gas brennt. Mal was Neues machen. Vier Wörter, vier Wörter, die so tief gehen wie eine Gurke auf GrindR. Mal was Neues machen, das muss man doch mal!, sage ich und sehe die Asche hinter mir. Die Asche von gestern, von vorher, umringt von Zigarettenstummeln, die so viel Sinn gemacht hatten, als es noch dunkel war. Tango haben sie vor mir getanzt und ich konnte nicht einmal mehr gerade sitzen. “Jesus hat Wasser zu Wein gemacht,” habe ich geschrieen, “Und wir, was machen wir? Aldibier zu Pisse!” Jetzt ist es vorbei. Der Clown ist abgeschminkt. Und es stinkt mir, das Gestern. 

Mal was Neues machen. Es gibt Ameisen, die bauen Hochhäuser. Es gibt Ameisen, die tragen Verletzte an den Rande der Kolonie und werfen sie von einer Klippe, Es gibt Ameisen, die begatten Königinnen. Und es gibt die, die pausenlos Reiskörner durch die Gegend tragen. Ich bin keine davon. Ich bin die, die läuft und läuft, bis es nicht mehr weiter geht. Und das ist nie, weil die Erde ja rund ist. Es geht immer weiter auf einer Kugel. Ich bin diese eine Ameise, die dir begegnet, wo du sie nicht erwartet hättest. Ich werde meine sechs Beine bewegen, bis ich von deinen Birkenstocks zertreten werde. Ich habe keine Funktion für die Gesellschaft. Ich gehe über den Fluss und ich gehe in die dunklen Ecken. Ich kenne die geheimen Orte. Ich weiß, wo die guten Krümel liegen. Mal was Neues machen. 

Mal was Neues machen. Acht Euro für diese Fair Trade Kaffeebohnen, das sind ja 16 Mark! Mal was Neues machen. Es ist meine goldene Krankheit. Ich muss es tun. Neue Sachen machen. Es ist ein Fluch. Aber neue Wege entstehen eben nur dadurch, dass man sie geht. Das stand auch an meiner Tür, als ich sie vor vielen Jahren in München hinter mir zuzog. Heute steht an meiner Tür Akihi. Die-Wegbeschreibung-hören-loslaufen-und-dabei-die-Wegbeschreibung-vergessen. Viele von diesen Wegen bin ich gegangen und viele werden noch kommen, aber ein Fuß steht jetzt hier, auf diesem, der so beige aussieht wie ein Feldweg in der Provence im späten Juni. Mal eine Welt machen, die neu ist. Mal tun, damit es wird. 

Mal was Neues machen, weil Gewohnheit zu kuschelig ist. Mal was Neues machen, weil sonst wären wir immer noch – Nichts. Mach was Neues, weil es aus dir kommt. Schmeiß mal das Handy weg und mach was Neues. Verbrenn’ die Brücken und die letzte Ausgabe der Neon und setz dich in die Asche des Flusses. Alles geht, solange es Wind gibt und Licht und wir uns drehen. 

Mal was Neues machen, weil Träume am besten schmecken. Stell dir vor, du machst das Segel auf und lässt den Wind rein. Stell dir vor du kündigst diese Bar, in der du seit Jahren lächelst. Stell dir vor, du gehst. Ein Bein vor das andere. Du wirst Wind im Gesicht haben und Träume vor den Augen. Du wirst Träumen von Reisen und anderen Dingen. Auch von davon, wie du in die Karibik und dann nach Südamerika fährst und dann untenrum um die ganze Welt. Weil untenrum ist immer besser. Dein Fuß auf neuem Sand. Ein neues Gesicht. Ein Holzbrett am Boden, Hammer in der Hand. Neue Magie. Fahr deinen Traum so richtig mit Bumms gegen die Wand! Und dann pack den nächsten aus, wie an Weihnachten. Nicht jede Raupe wird ein Schmetterling, aber verdammt, mal was Neues machen, was wären wir ohne das. 

Manchmal musst du tun, was du tun willst. Ich finde, wir sollten es jetzt machen, weil bald müssen wir wieder gehen. Es ist hart, es wird vielleicht funktionieren, vielleicht nicht. Wahrscheinlich schon. Ich weiß, wir denken immer, die nächste Ausfahrt ist die bessere. Aber wir müssen diese hier nehmen, weil wir verlieren das Licht wie ein Regisseur bei Sonnenuntergang. Das hat meine Oma am Telefon gesagt, als sie gestorben ist. Mal was Neues machen. Bewegung. Be-Weg-ung, ein geiles Wort. Weil wir immer nach vorne gehen. Weil wir uns bewegen müssen, stehen bleiben geht nicht. Es gibt im Universum nichts, das sich nicht bewegt. Also bewegen wir uns. Die Sonne macht das auch. Jeden Tag ab 5 am.

Schreibe einen Kommentar